Titel: Das
perfekte Drama
Kapitel: 1
Fandom: KnB
Genre: AU | Humor | Alltag
Pairing: Aomine x Kise
Inhalt: Eine feste Beziehung ist gar nicht mal
so einfach, wie man sie sich vorstellt. Und schon gar nicht, wenn es sich um
eine langjährige Beziehung zwischen Kise Ryōta und Aomine Daiki handelt. Chaos
vorprogrammiert!
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… und die
Trümmer der Besessenheit
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- der Vorhang hebt sich -
Kise Ryōta
war untröstlich.
Seit heute
Morgen war er unausstehlicherweise damit beschäftigt ein Trauerkloß zu sein und
einen Leidensprozess zu durchleben, der sich gewaschen hatte. Er musste sogar
selbstsüchtig einen Fotoshootingtermin absagen und wälzte sich den ganzen Tag
lang in beinah ekelhaftem Selbstmitleid, das bei jedem anderen vermutlich unter
dem Stichwort „Erregung öffentlichen- und privaten Ärgernisses“ ans Gericht
gegangen wäre. Aber da es immerhin Kise Ryōta war, von dem wir hier sprechen,
ließ man es ihm gerade noch so durchgehen, schließlich wusste man nur allzu gut
von seinen Eskapaden als Dramaqueen vom Amt. Genau dadurch war er ja quasi
berühmt geworden und im Endeffekt fiel es ja eh nur hauptsächlich den Nerven eines
ganz gewissen Herrn zur Last; welcher übrigens genau in diesem Moment – am
späten Nachmittag – widerwillig vom polizeilichen Dienst nach Hause eilte, um
endlich herauszufinden, was eigentlich vorgefallen war.
Zuerst
hatte sich Aomine Daiki angefangen ernsthafte Sorgen zu machen, als er die Tür
aufmachte und Kise in einer schlaffen, apathischen Pose auf dem Boden des gemeinsamen
Wohnzimmers vorfand. Mit feuchtem Blick strich Besagter zitternder Hand über
den Deckel einer viereckigen Holzschatulle und war offenbar kurz davor, die Arme
um seine angewinkelten Beine zu schlingen und den Oberkörper wie ein psychisch
Gestörter hin und her wanken zu lassen. Dann sah er mit Verzweiflung auf und
verlieh damit dem dramatischen Gemälde das i-Tüpfelchen. Genau das
i-Tüpfelchen, das Aomine letztendlich dazu veranlasste, mit 99,9-prozentiger
Sicherheit sagen zu können, dass das hier mit Ernsthaftigkeit nichts zu tun
hatte, wenn es Kise schon auf diese Art und Weise ausarten ließ.
Mit einem
genervten Seufzen bedauerte Aomine kurz die Tatsache, dass er sich aufgrund von
Kises warnender und flehender Nachmittags-SMS beeilt hatte heimzukommen, dann
zog er die Jacke seiner Uniform aus, warf sie auf die Couch und schmiss sich
auf das Polster daneben, unweit des verstörten, blonden Wracks.
„Also. Was
ist los?“, fragte er anschließend direkt und ohne Umschweife.
Ein leises
Wimmern drang zu seinem Ohr durch und er sah schräg zu seinem anstrengenden
Lover runter, der den Blick sofort nach der Ansprache erwiderte. Seine Augen
waren gerötet und die langen Wimpern klebten wegen der Feuchtigkeit der wohl
vergossenen Tränen zusammen.
„Sie ist tot“, sagte er dann nur mit
bebender, desillusionierter Stimme.
„Wer?“
„Sie hatte mich so lange begleitet! So lange,
Aominecchi!“
„Wer ist denn tot, um Himmels Willen?“
Theatralisch
und ohne auf Aomines Fragen auch nur im Geringsten einzugehen, fasste sich Kise
mit dem Handrücken an die Stirn, während er traurig in die Ferne starrte.
„Wie soll
ich jetzt nur jeden Tag aufstehen? Wie
soll ich nur weiterleben?!“, schnitt Kises kummervolle Stimme wieder durch
den Raum.
„Okay, pass
auf, Ryōta“, verkündete der inzwischen ziemlich verärgerte Polizist warnend,
„entweder du erzählst jetzt, was los ist, oder ich nehme Kagamis Vorschlag,
saufen zu gehen, doch noch an.“
„Nein!“ schallte es im Raum wider und
Kise heftete sich ruckartig an Aomines rechtes Bein, als würde er ihn daran
hindern wollen, in den Krieg zu ziehen. „Nein! Verlass du mich nicht auch noch,
Aominecchi! Ich flehe dich an! Ich brauche dich! Wenn nicht du, wer dann? Wer
kann mich dann über diesen
schrecklichen Verlust hinwegtrösten?!“
Okay – das
ging entschieden zu weit. Die Szene war so pathetisch, dass man meinen könnte,
Kise hätte sie für eine seiner Fernsehserien einstudiert, in denen er zur
Erweiterung seiner Karriere mitspielte.
„Ich
glaube, es hakt!“, zischte Daiki und gab Kise einen kräftigen Schlag auf den
Hinterkopf – irgendwo zerbarst dabei eine romantische Vorstellung irgendeines
Yaoi-Fangirls in tausend kleine Scherben – doch der darauffolgende Anblick
seines gekränkten Freundes versetzte ihm einen quälenden Stich in der
potentiellen Nähe seines Herzens. Jenem Anblick konnte vermutlich höchstens
Akashi Seijūrō standhalten. Vielleicht
nicht einmal der, weshalb Kise auch ganz genau wusste, dass er so etwas
niemals bei ihm abziehen durfte, da Akashi nämlich eher dazu tendieren würde,
Kise von seinem Leid mit augenblicklicher Sterbehilfe zu erlösen.
Das
uniformierte Bein wurde zwar artig losgelassen, doch das wehleidige Model sah
dafür sogleich um einiges elender aus, als vorher.
„Du brichst mir mein eh schon gepeinigtes Herz, Aominecchi!“, wimmerte
Kise mit zitternden Lippen, während er sich die schmerzende Stelle am
Hinterkopf rieb und mit der konzentrierten Unschuld hunderter Babykätzchen nach
oben zum rasch aufgestandenen Aomine blickte. „Und ich dachte noch, das
zwischen uns wäre ernst!“
Manipulatives
Miststück! Dachte Aomine verbissen, nicht ohne das Gefühl
loswerden zu wollen, er müsse jemandem gleich die Kugel geben – vorzugsweise
sich selbst, um solche blonden Idioten nie wieder ertragen zu müssen. Dann
hockte er sich allerdings hin und zog seinen Freund auf etwas stürmische Art
und Weise doch noch in die Arme.
„Schon gut. Ist ja schon gut“, sagte er gepresst und klang nach jeder
erdenklichen Gefühlsnuance des Zornes, nur nicht nach Trost, nach dem er
eigentlich klingen sollte. Kise störte sich jedoch überhaupt nicht daran. Die
Umarmung wurde sofort mit anschmiegsamer Anhänglichkeit erwidert und die Stirn
des Blonden rieb sich mit verschmuster Zärtlichkeit in die Obhut von Aomines
Halsbeuge. Letzterer konnte nur einer höheren Wesensinstanz wie Gott oder
Ähnliches danken, dass er heute eine lange Arbeitsschicht gehabt hatte und sich
dieses Gejaule statt den ganzen Tag lang, erst nach Feierabend antun musste. –
Und das sollte schon was heißen, denn Arbeit war nicht gerade Aomines
Lieblingsbeschäftigung, obwohl er zumindest für den Papierkram immer seinen
auserwählten Arbeitssklaven Sakurai benutzte, während er selbst gemütlich einen
Kaffee auf dem Gemeinschaftsbalkon des Polizeireviers schlürfte.
So wie es aussah, würde ihm seine tatsächliche Lieblingsbeschäftigung
heute allerdings eh verwehrt bleiben und er bereute es, Kagami abgesagt zu haben.
Im betrunkenen Zustand hätte sich Kises Defizit an geistigem Fortschritt
vielleicht besser ertragen lassen, wenn es heute schon nicht auf Sex
hinauslaufen würde.
Und da Aomine Daiki wusste, dass es schneller vorbei war, wenn er den
gewissenhaften Liebhaber mimen würde, strich er Kise letzten Endes beruhigend
mit der Hand über den Rücken.
„Sagst du mir jetzt, was los
ist?“, fragte er dabei mit einer nunmehr gelassenen und weitaus tröstenden
Stimme, um das Ganze etwas zu beschleunigen.
Noch einen kurzen Moment lang drückte sich Kise liebesbedürftig an seinen
Freund, ehe er schließlich von ihm abließ und niedergeschlagen in Richtung der
hölzernen Schatulle an seiner Seite nickte.
„Ich werde es dir einfach zeigen“, murmelte er mit vorgeschobener
Unterlippe. Dann glitten seine Hände zielgerichtet zum Deckel des Kästchens.
„Versprich mir, dass du mich nicht auslachst, sondern tröstest, okay?“
„Ja, ja, in Ordnung. Mach schon auf.“ Aomine versuchte seine Gedanken
davon abzulenken, sich nur um eine gewisse Art des Trostes zu drehen – nämlich
um eine erotische. Nicht, dass er heute Nacht zum Schlafen (wieder) auf die
Couch verbannt wurde, denn egal wie übertrieben Kises Drama sein mochte –
konsequent war dieser allemal gern, wenn man seine emotionalen Ergüsse nicht
ernst nahm.
Mit spannungsgeladenem Zögern entfernte Kise den Deckel und Aomine
erblickte nun endlich den Inhalt und den Grund des ganzen Dilemmas.
„… Dein Ernst?“, fragte er trocken.
„Ja, Aominecchi! Voll und ganz!“
In der Schatulle, die von innen offenbar wie eine Art Sarg für handgroße
Menschen präpariert worden war, lag weder Däumelinchen, noch eine tote Maus,
noch war es im Entferntesten etwas, das man hätte jemals als lebendig
bezeichnen können.
Es war nämlich nichts mehr und nichts weniger als eine simple Keramiktasse.
Besser gesagt: Die Scherben
einer simplen Keramiktasse.
Und leider Gottes nicht nur irgendeiner
simplen Keramiktasse – Aomine erinnerte sich „vage“ – es waren die Scherben der Keramiktasse, die Kise beinah jede Minute seines häuslichen
Aufenthaltes mit sich herumzutragen pflegte. So zum Beispiel früh morgens, wenn
er seinem Lover verschlafen und mit einem verträumten Lächeln im Türrahmen
stehend dabei zusah, wie sich dieser für den Aufbruch zur Arbeit fertigmachte.
Oder spät abends, wenn sie sich zusammen in eine kuschelige Wolldecke gehüllt
einen Filmklassiker reinzogen. Oder zu jeder erdenklichen Tagesmahlzeit und
darüber hinaus („Man muss immer viel trinken, Aominecchi. Das ist das Geheimnis
meiner makellosen Haut!“). Die scheiß‘ Tasse stand sogar in den meisten Fällen
auf dem Nachttisch, wenn sie gemeinsam schlafen gingen, und war geschätzt jedes
zweite Mal Zeugin höchst intimer und heißer Bettaktivitäten.
Manchmal hatte Aomine im Geheimen sogar das Gefühl, von ihr beobachtet zu
werden – aber, psst! – So viel zum Thema, sie sei nicht lebendig …
Wie dem auch sei: Aomine Daiki konnte nun mit Gewissheit sagen, dass ja – er hatte eine der wohl dümmsten
Blondinen zum Lover, und nein – es
war vorläufig noch kein Grund sich über ihren gemeinsamen Beziehungsstatus
Gedanken zu machen. Denn einerseits war Kises Reaktion auf das Zerbrechen
seiner Lieblingstasse vielleicht das Bekloppteste, was man sich je vorstellen
konnte, doch andererseits war es ja irgendwie auch ganz süß, vorausgesetzt man
ignorierte das tatsächliche Ausmaß des elendigen Leidens,in das sich Kise
reinsteigerte. Dieses weckte in Aomine nämlich sowohl einen krankhaften
Beschützer-, als auch einen herausragenden Mörderinstinkt, wobei sich der
Polizist bewusst war, dass er sich besser für Ersteres entscheiden sollte, wenn
er noch seinen Job behalten wollte.
„Sie hat mich heute auf grausame Weise verlassen, Aominecchi“, fuhr Kise
unbeirrt fort. „Schau – ich habe sogar eine Kriegsnarbe davongetragen, als ich
versucht habe sie aufzufangen!“ Er hielt Aomine seinen Zeigefinger vors
Gesicht, um auf eine Brandblase im Miniaturformat zu deuten, die auf der
blassen Haut mithilfe einer Lupe vorzufinden wäre, wenn man sich sehr
anstrengen mochte.
„Du hast so was von ‘nen Knall, Ryōta“, zischte Aomine resigniert,
während er stolz auf sich war, seine aufsteigende Wut im Zaum halten zu können.
„Habe ich nicht!“, widersprach Kise vorwurfsvoll. „Es war der schwerste
Schlag meines Lebens! Also tröste mich! Tröste mich sofort! Und zwar die ganze Nacht
lang!“ Er klammerte sich mit beiden Händen an den Arm seines Gegenübers, um
daran leicht zu rütteln. Aomine versuchte sich vergebens aus diesem Griff zu
winden und beschloss im Anschluss, Kise stattdessen an der Schulter so weit wie
möglich auf Abstand zu halten. Wenn er schon nicht loskam, wäre dann zumindest etwas Distanz da.
„Ich kauf dir morgen verdammt nochmal ‘ne Neue, also komm mal runter!“
„Aber Aominecchi! Sie war einzigartig, verstehst du nicht?
Ausschussware!“ Bestürzt gebärdete sich Kise mithilfe verzweifelt gefuchtelter
Gesten, nachdem er Aomine endlich losgelassen hatte. „Mit einem kleinen Riss im
Lack und einer verführerischen Linkskrümmung am Henkel! Immer, wenn ich ihn
betrachtete, erinnerte er mich an deinen-“
„Schnauze!“, schnitt Aomine scharf ab, nicht länger die Zornesader
unterdrückend, die auf seiner Schläfe zu pulsieren begann. „Wenn du dich schon
imstande fühlst, über meinen Schwanz zu reden, können wir auch gleich vögeln.“
Dies wirkte wie das Umlegen eines allzu berühmten Schalters.
Aus Kises Gesicht wich von einer auf die andere Sekunde sofort jeder
welpenhafte Zug. Die Feuchte in den Augenwinkeln war sofort ausgetrocknet und
mit einem vielsagenden Schmunzeln biss er sich auf die Unterlippe, während sich
seine Augen langsam verengten.
„Mhh, vielleicht war das ja mein Ziel“, raunte er mit gesenkter Stimme,
die man beim besten Willen nicht mehr als unschuldig bezeichnen konnte, selbst
wenn man es versuchen würde.
Sein Gegenüber blinzelte aufgrund von unwillkürlicher Verwirrung.
„Warum dann das ganze Theater, hä?! Das hättest du doch auch gleich sagen
können, verdammt nochmal!“
„Aber vielleicht wollte ich heute zur Abwechslung mal einen vor Sorge
kranken, liebevollen und sanften Aominecchi haben, der sich rührend um mich
kümmert und mir jeden Wunsch von den Augen abliest, hm?“
„Vielleicht wolltest du aber auch, dass ich dich heute bis zur
Besinnungslosigkeit ficke, damit du nicht mehr auf die Idee kommst, meine
Aufmerksamkeit mit so einer bescheuerten
Aktion auf dich zu ziehen!“
„Nein, das ist ausgeschlossen“, stellte Kise umgehend klar. „Ich brauche
eindeutig ganz viel Liebe und Zuwendung. Tröstest du mich jetzt?“
Er wurde an den Handgelenken ergriffen und befand sich im nächsten Moment
mit dem Rücken gegen den flauschigen Teppich gedrückt – Aomine über ihm.
„Na? Genug Liebe und Zuwendung, hä?“, fragte der Polizist frech mit
angriffslustigem Unterton und einem entsprechenden Grinsen.
Kise konnte sich nicht anders verhelfen, als darauf mit einem Lachen zu
erwidern, das keine Chance hatte auszuarten, da Aomine es mit einem dominanten
Kuss im Keim erstickte.
Und während sich die Situation doch noch in seine Lieblingsbeschäftigung
entfaltete – ganz im Gegensatz zu Aomines ehemaliger Annahme – lagen die
Scherben der Keramiktasse in dem beiseitegeschobenen Holzkästchen unweit des
Geschehens und konnten sich seelenruhig die homoerotische Krönung des
Spektakels ansehen.
So vergingen die letzten Stunden des glücklichen und erfüllten Lebens
eines Küchenutensils, bevor es friedlich von den Engeln in orangenen Overalls
abgeholt und in den sagenumwobenen Himmel der Haushaltsgegenstände entlassen
wurde.
- der Vorhang fällt -
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Kapitel 2 – … und der Schrei nach
Liebe
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